Warum fordert ihr ein globales Moratorium für Gene Drives? Und was bedeutet das?

Der Begriff Moratorium bezeichnet einen vertraglich vereinbarten oder gesetzlich angeordneten Aufschub. Mit einem globalen Gene Drive Moratorium meinen wir ein auf Ebene der UN Biodiversitätskonvention (UN CBD) vereinbarter und an Bedingungen geknüpfter zeitlicher Aufschub für die Freisetzung von Gene Drive Organismen in die Natur. Hier geht es zu unseren Empfehlungen für Bedingungen, die die Aufhebung dieses Moratoriums begründen könnten.

Wurden bereits gentechnisch veränderte Gene Drive Organismen in die Natur freigesetzt?

Nein. Gentechnisch veränderte, synthetische Gene Drive Organismen wurden unseres Wissens nach noch nicht in die Umwelt freigesetzt. Gene Drives befinden sich noch in einem frühen Stadium der Entwicklung und wurden bislang nur im Labor getestet. Am weitesten entwickelt sind Gene Drives zur Manipulation der Geschlechtsverteilung und Absenkung der Fruchtbarkeit in Mücken. Diese Gene Drives werden im Rahmen des Projekts ‘Target Malaria’ entwickelt und sind für die Dezimierung der Malaria-übertragenden Anopheles Mücken in Westafrika gedacht. Freisetzungsversuche sind in Burkina Faso in den nächsten Jahren geplant.

Freisetzungen von Gene Drive ähnlichen, sowohl gentechnisch veränderten als auch nicht gentechnisch veränderten Insekten fanden jedoch bereits statt. Dazu zählt z. B. die Freisetzung von Mücken in Australien, die mit (Wolbachia) Mikroben infiziert werden, wodurch die Fruchtbarkeit ihrer Nachkommen – zum Teil über Generationen – sinkt. Ein anderes Beispiel sind Freisetzung von gentechnisch veränderten sterilen Mücken durch die Firma Oxitec, z.B. in Florida oder Kalifornien. Bei beiden Beispielen handelt es sich nicht um Gene Drives.

Weiterführende Informationen zum Stand der Entwicklung von Gene Drives hier:

Target Malaria – Ihr Ansatz: https://targetmalaria.org/what-we-do/our-approach/

Target Malaria – Ihr Projektgebiet: https://targetmalaria.org/about-us/where-we-operate/

Was ist der Unterschied zwischen gentechnisch veränderten Organismen und gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen?

So wie gentechnisch veränderte Organismen bislang entwickelt wurden, sollten sie entweder keine lebensfähigen Nachkommen erzeugen, nicht lange in der Wildnis überleben können oder sie wurden daran gehindert, sich mit wilden Artgenossen zu paaren. Die Anwendung von GVO sollte also außerhalb ihres Entstehungsortes im Labor räumlich oder zeitlich begrenzt bleiben. Diese gentechnisch veränderten Organismen sollten genauso wenig wie ihre veränderten Gene in der Natur überdauern.

Mit diesen Überlegungen bricht der Gene Drive Ansatz radikal: Gentechnisch veränderte Organismen, die Gene Drives vererben, haben im Unterschied zu herkömmlichen GVO zum Ziel, im Labor synthetisierte Gene in Wildpopulationen zu verbreiten oder natürliche Gene auszuschalten. Und das auch, wenn dies der Art schadet oder ihr keinen Überlebensvorteil bietet. Normalerweise würden sich diese Gene im Rahmen der natürlichen Selektion nicht durchsetzen. Gene Drives verlagern den Ort der gentechnischen Veränderung vom Gentechniklabor in die Natur: Im Fall von CRISPR/Cas9 basierten homing Gene Drives kopiert sich der gentechnische Mechanismus (CRISPR/Cas9) bei jeder Fortpflanzung eines GDO selbstständig ins Erbgut der wildlebenden Nachkommen – über Generationen hinweg. Die durch den Gene Drive ausgelöste ‚erzwungene‘ Vererbung auch schädlicher Gene löst eine theoretisch nicht mehr zu stoppende „mutagene Kettenreaktion“ aus.

Welche technischen Hürden gibt es bei der Entwicklung von Gene Drives?

Es gibt unzählige Hürden bei der Entwicklung von Gene Drives, diese hängen ab von der zu veränderten Art, aber auch von dem eingesetzten Gene Drive. Hier nennen wir nur einige Beispiele:

Ausbildung von Resistenzen gegen den Gene Drive

CRISPR/Cas basierte Gene Drives suchen nach einer eindeutig definierten DNA-Sequenz, an der sie das Erbgut schneiden sollen. Bereits einzelne Mutationen an dieser Sequenz können deshalb das Ziel für sie unerkennbar machen. Der Organismus wird dadurch gegen den Gene Drive resistent. Solche Resistenzen können entstehen, wenn der durch CRISPR/Cas9 erzeugte DNA-  Doppelstrangbruch durch die Zelle fehlerhaft repariert wird und die Zielsequenz verändert. Resistenzen könnten aber auch natürlicherweise vorkommen, besonders bei Populationen mit einer hohen genetischen Vielfalt.

Unerwartete Effekte von CRISPR/Cas9

Viele Gene Drives nutzen das gentechnische Werkzeug CRISPR/Cas9, um an definierten Stellen des Erbgutes einen Doppelstrangbruch zu erzeugen. Dieses Werkzeug funktioniert jedoch nicht fehlerfrei.9 CRISPR/Cas9 kann die Aktivität des Zielgens auf unvorhersehbare Weise ändern, die Mutationsrate im Genom erhöhen, zu unerwarteten Mutationen führen oder durch auftretende Resistenzen in seiner Funktion gestört werden. Vermehrt berichtet wird beispielsweise über sogenannte off-target Effekte, unbeabsichtigte Veränderungen an Nicht-Zielsequenzen, die beim Anwenden des CRISPR/Cas Systems auftreten können.

Gene Drives in Mäusen / Säugetieren

Ein Experiment mit Mäusen zeigte: CRISPR/Cas9 konnte zwar den DNA-Strang in allen Versuchstieren schneiden, doch nur bei Weibchen setzte auch der Reparaturmechanismus ein, der die neuen DNA-Abschnitte aktiv im Erbgut verbreitet. Der Gene Drive war also nur in einem der beiden Geschlechter erfolgreich und selbst dort erreichte er nur eine Effizienz von etwa 70 Prozent. Für die Manipulation freilebender Populationen ist der Gene Drive in dieser Form wohl nicht geeignet.

Gene Drives in Pflanzen

Vor einer Anwendung von Gene Drives in Pflanzen müssten noch einige technische Hürden überwunden werden. Pflanzliche Zellen reparieren den Doppelstrangbruch, der durch CRISPR/Cas9 in ihrem Erbgut verursacht wurde, meist mit fehleranfälligen Mechanismen. Das verhindert die Ausbereitung des Gene Drive in Pflanzen. Zudem haben viele Pflanzen deutlich längere Generationszeiten als Insekten. Die Wirkung eines Gene Drive käme erst nach vielen Jahren zum Tragen. Die Realisierung eines Gene Drive in Pflanzen ist mit dem aktuellen Wissensstand noch nicht möglich.

Welche Folgen und Risiken würde eine zukünftige Freisetzung von Gene Drives in die Natur mit sich bringen?

Gene Drives befinden sich in einem frühen Stadium der Entwicklung. Die Diskussion über mögliche Folgen und Risiken ist daher in weiten Teilen noch spekulativ. Doch bereits jetzt zeichnen sich zahlreiche kritische Punkte ab, die vor einer möglichen Freisetzung berücksichtigt werden müssen. Einmal in die Natur freigesetzt, verbreitet sich ein Gene Drive Organismus aktiv in freilebenden Populationen und kann sich rasch über große Distanzen ausbreiten. Die unüberschaubare Vielfalt der betroffenen natürlichen Lebensräume und Ökosysteme wird die Vorhersage und Kontrolle möglicher Risiken massiv erschweren.

Nach heutigem Stand der Wissenschaft wäre der Ausgang des Experiments nicht mehr vom Menschen zu kontrollieren. Alle Manipulationen dieser Art an Tieren, Pflanzen sowie an ganzen Ökosystemen, wären unumkehrbar.

Hier gehts zu einer Beschreibung der ökologischen Risiken.

Dürfen Gene Drive Organismen in der EU freigesetzt werden? 

In der EU regelt die Richtlinie 2001/18 unter welchen Bedingungen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in die Umwelt freigesetzt werden dürfen. Dass es sich bei Gene Drive Organismen um GVO handelt, ist unstrittig.

Gene Drive Organismen haben den Zweck, sich selbstständig in der Umwelt zu verbreiten, sich mit wilden Artgenossen zu kreuzen und ihre veränderten Gene an möglichst alle Nachkommen weiterzugeben, um sie in der gesamten Population einer Art zu verbreiten. Weil dies den geltenden Vorschriften der Richtlinie 2001/18 in Bezug auf das dort genannte Vorsorgeprinzip zum Schutz der Umwelt eindeutig zuwiderläuft, dürfte eine Zulassung zur Freisetzung eines Gene Drive Organismus in die Umwelt nach europäischen Recht nicht möglich sein. Jede Freisetzung eines GMO bedarf jedoch zwingend einer solchen Zulassung.

Allerdings ist diese hier vertretene Annahme noch nicht offiziell durch EU-Gremien oder den europäischen Gerichtshof bestätigt worden, denn die politische Debatte rund um die Regulierung der Gene Drive Technologie steht auf europäischer Ebene noch ganz am Anfang. Da konkrete Anwendungsanträge für die Nutzung der Gene Drive Technologie in der EU noch in der Zukunft liegen, konzentrierte sich die politische Debatte bislang vor allem auf die Positionierung der EU bei den Verhandlungen der UN-Biodiversitätskonvention CBD und auf die Vorbereitung von Kriterien für die Risikobewertung der Technologie.

Bisherige Äußerungen und Positionen der europäischen Institutionen zu Gene Drives werden hier beschrieben: Stand der Regulierung von Gene Drive Organismen auf EU-Ebene

Detailliertere Ausführungen zur Auslegung der Richtlinie 2001/18/EC in Bezug auf Gene Drives finden sich hier: Das Europäische Gentechnikrecht

Wie funktioniert ein Gene Drive?

Sogenannte homing Gene Drives auf Basis von CRISPR/Cas9 sind die häufigste Variante von synthetischen Gene Drives. Ein solcher Gene Drive besteht aus mindestens zwei Komponenten: der Genschere Cas9 und einem Botenmolekül. Zusätzlich kann noch ein neues oder verändertes Gen mit eingeschleust werden. Der Gene Drive wird zunächst im Labor in das Erbgut des Zielorganismus, z.B. einer Maus eingeschleust.

Dieser Gene Drive wird nach Befruchtung der Eizelle aktiv und identifiziert mit Hilfe des Botenmoleküls eine Zielsequenz im nicht manipulierten Chromosom. Dort führt Cas9 einen Doppelstrangbruch herbei. Natürliche Reparaturmechanismen in der geschädigten Zelle versuchen dann, den Bruch mit Hilfe einer Vorlage zu reparieren. Als Vorlage dient der Gene Drive auf dem gentechnisch veränderten Chromosom: Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit vollständig kopiert und innerhalb der Zielsequenz auf dem bislang nicht manipulierten Chromosom eingebaut. Dieser zielgerichtete Prozess wird als homing bezeichnet. Zusätzlich zur Integration der Genschere am Zielort können bestehende Gensequenzen ausgeschaltet und / oder neue zusätzlich eingefügt werden. Dieser Prozess führt letztendlich dazu, dass alle Nachkommen eine Kopie des Gene Drives erben. Der Gene Drive wird bei jeder Fortpflanzung aufs Neue – auch in allen nachfolgenden Generationen – aktiv und kommt theoretisch erst zum Halten, wenn die Zielsequenz aus der gesamten Population verschwunden ist.

Was ist CRISPR/Cas?

CRISPR/Cas ist ein Verfahren der sogenannten ‚neuen‘ Gentechnik, das im Jahr 2012 von den Molekularbiologinnen Emanuelle Charpentier und Jennifer Doudna entdeckt wurde. CRISPR steht als Abkürzung für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats, welches eigentlich im Immunsystem von Bakterien zur Abwehr von Viren genutzt wird. Die beiden Entdeckerinnen haben dann diesen Mechanismus zu einem Werkzeug der Biotechnologie umfunktioniert. CRISPR besteht aus zwei Komponenten: einem Suchwerkzeug für DNA-Sequenzen und einem dazugehörigen Protein, namens Cas (das eine Abkürzung für CRISPR-associated ist). Cas kann an einer gesuchten DNA-Zielsequenz einen Doppelstrangbruch der DNA durchführen, woraufhin Reparaturmechanismen in der Zelle diesen Bruch dann auf 3 mögliche Arten reparieren können. Diese drei Reparaturmechanismen machen sich Biotechnologen dann zunutze, um entweder bestehende Gensequenzen auszuschalten, nur ein einzelnes Basenpaar oder eine ganz neue DNA Sequenz einzubauen.

Weiterführende Informationen hier: Fachstelle Gentechnik und Umwelt.

Was sind ‘neue Gentechnikverfahren’ im Unterschied zu ‘alten’ Gentechnikverfahren? 

Die Unterschiede zwischen alter und neuer Gentechnik liegen in den dabei eingesetzten Werkzeugen und Mechanismen sowie der Zielgerichtetheit und Art der gewünschten Genveränderung. ‚Alte Gentechnik‘ bezeichnet Verfahren, die ein oder mehrere Gene eines artgleichen oder artfremden Organismus in die DNA eines Organismus mit bakteriellen Plasmiden oder Genkanonen an einen oder mehrere zufällige Ort in die DNA einschleusen. Wo im Erbgut die eingebrachte DNA eingebaut wurde, bleibt dem Zufall überlassen.

Als neue gentechnische Methoden werden eine Reihe von Instrumente mit Namen wie CRISPR/-Cas, Zinkfinger-Nuklease oder Talens bezeichnet, die auch erst in die DNA eingeschleust werden müssen, bevor die dort gentechnisch aktiv werden können. Diese Verfahren werden gemeinhin „Genscheren“ genannt, weil sie es ermöglichen, DNA-Sequenzen an einer spezifischen Stelle zu zerschneiden. Der daraufhin einsetzende Zelleigene Reparaturmechanismus werden von Biotechnologen dann dafür genutzt, einzelne Gene auszuschalten, ihre Funktion zu verändern oder neue Gensequenzen einzufügen.

Kommen Gene Drives auch in der Natur vor? Gibt es natürliche Gene Drives?

Jein. Nicht alle natürlichen Genanlagen folgen den Mendelschen Vererbungsregeln. Bei Pflanzen, Tieren und Menschen gibt es genetische Elemente, die sich mit Hilfe von Enzymen in andere Teile des Erbguts kopieren, sich selbständig ausbreiten und damit die Häufigkeit ihrer Vererbung erhöhen. Dazu zählen sogenannte ‚springende Gene‘ (Transposone). Sie werden manchmal auch als ‚egoistische‘ genetische Elemente bezeichnet, weil sie sich im Erbgut ausbreiten können, ohne dass sie der Art nützen. Im Laufe der Evolution haben Pflanzen, Tiere und Menschen einen Umgang mit diesen genetischen Elementen gefunden: Aus einigen entstanden wichtige funktionale, meist regulatorische Einheiten. In vielen anderen Fällen wurden Mechanismen entwickelt, um die  ‚springenden Gene‘ im Erbgut stillzulegen. Transposone werden häufig als natürlich vorkommende Gene Drives bezeichnet. Gentechnisch konstruierte, synthetische Gene Drives wurden nach ihrem Vorbild entwickelt, unterscheiden sich aber in zentralen Aspekten in Funktionsweise und Zweck von ihren natürlichen Vorbildern.

In einigen Publikationen wird z.B. von Wolbachia Bakterien als ‚natürliche‘ Gene Drives gesprochen. Das ist nicht ganz richtig: Bei Wolbachia handelt es sich um eine über Generationen vererbbare bakterielle Infektion von Insekten. Wolbachia Bakterien kommen natürlicherweise in den Zellen bestimmter Insekten, z.B. Fruchtfliegen vor. Sie verringern die Fortpflanzungsfähigkeit der infizierten Insekten. Im Unterschied zu synthetischen Gene Drives kommt bei diesem Ansatz keine Gentechnik zum Einsatz. Das bedeutet, dass die mit Gentechnik assoziierten Risiken genetischer Nebeneffekte durch Kreuzung und Interaktion mit wildlebenden Populationen bei Wolbachia Interventionen nicht relevant sind.

Gentechnisch konstruierte, synthetische Gene Drives sind hingegen künstliche genetische Elemente, die mit bestimmten, vom Menschen vorgegebenen Zwecken und Funktionen einhergehen. Sie sind nicht durch evolutionäre Prozesse entstanden und angepasst. Sie sind nicht ‚egoistisch‘, sondern dienen menschlichen Interessen. Evolutionär etablierte Kontroll-Mechanismen sind hier oft unwirksam. Synthetische Gene Drives setzen so eine „mutagene Kettenreaktion“ in Gang.

Was meint ihr damit, dass ein Gene Drive eine gentechnische Kettenreaktion auslöst?

Der Begriff gentechnische Kettenreaktion ist die deutsche Interpretation des englischen Begriffs „mutagenic chain reaction“, die von den Gene Drive Erfindern Valentino Gantz und Ethan Bier geprägt wurde. Mit diesem Begriff meinen wir, dass die gentechnisch veränderten Gene eines mit Gene Drive im Labor ausgestatteten Organismus so lange – ähnlich einer Kettenreaktion – unaufhaltbar und unwiderruflich an alle Nachkommen und wiederum all deren Nachkommen weitervererbt werden, bis alle Individuen einer wilden Population oder Art diese Gene tragen.

Warum verändern Gene Drives die Regeln der Evolution?

Gene Drives umgehen die von Gregor Mendel entdeckten Vererbungsregeln.  Diese beschreiben unter anderem, dass die Wahrscheinlichkeit der Vererbung eines genetischen Merkmals zweier (reinerbiger) Elternteile an ihre Nachkommen bei ca. 50 % liegt. Gene Drives etablieren jedoch eine „Super-Mendelische“ Verberung. Das bedeutet, dass durch einen Gene Drive bis zu 100% aller Nachkommen – über Generationen hinweg – eine bestimmte genetische Eigenschaft erben.

Darüber hinaus wird aber auch noch ein weiterer Kernmechanismus der Evolution durch Gene Drives verändert: der Mechanismus der natürliche Auslese von genetischen Merkmalen, die von Gregor Mendel zusammen mit Alfred Russel Wallace beschrieben wurden. Bei der natürlichen Auslese setzen sich vor allem solche genetischen Merkmale in Populationen und Arten durch, die dem Überleben der Art oder der Anpassung an eine spezifische Umgebung dienen. Mit Gene Drives würden sich nun aber auch genetische Eigenschaften in einer Population durchsetzen können, die rein menschlichen Zwecken dienen und keinen Überlebens- oder Anpassungsvorteil bieten.

Was ist das Vorsorgeprinzip und warum muss es in Bezug auf die Freisetzung von Gene Drive Organismen angewendet werden?

Das Vorsorgeprinzip ist Leitlinie der Umweltpolitik auf der deutschen, der EU- und der internationalen Ebene und definiert den Ermessens- und Handlungsspielraum des Gesetzgebers zur Vermeidung von Risiken für die Umwelt z.B. durch neue Technologien. Dabei gilt, dass auch bei unvollständigem oder unsicherem Wissen über Art, Ausmaß, Wahrscheinlichkeit oder Kausalität von Umweltschäden und -gefahren vorbeugend gehandelt werden soll, um diese von vornherein zu vermeiden.

Dieses Prinzip ist in Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgeschrieben. In ihrer Mitteilung über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips aus dem Jahr 2000 betont die Europäische Kommission den Stellenwert des Vorsorgeprinzips als wesentliches Element der EU-Politik bei der Risikovorsorge. In Deutschland ist das Vorsorgeprinzip in Artikel 34 Absatz 1 des Einigungsvertrags als Selbstverpflichtung des Gesetzgebers ausdrücklich geregelt und damit geltendes Bundesrecht. Das Vorsorgeprinzip ist darüber hinaus in Artikel 20a des deutschen Grundgesetzes verankert. Die Rio Deklaration der der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung im Jahr 1992 legte in Artikel 15 fest, zum Schutz der Umwelt den Vorsorgegrundsatz anzuwenden.

Das Vorsorgeprinzip, wie es auch in der EU-Gentechnikrichtlinie 2001/18/EC verankert ist, kann nur funktionieren, wenn in Fällen, in denen dies notwendig erscheint, auch tatsächlich effektive Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und menschlichen Gesundheit ergriffen werden können. Die Rückholbarkeit (zeitliche und räumliche Kontrollierbarkeit) ist dafür eine entscheidende Voraussetzung. Im Rahmen dieser Kampagne empfehlen wir deshalb, Ausschlusskriterien für eine Zulassung von Gene Drive Organismen zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips im Rahmen der Umweltrisikoprüfung einzuführen. Das würde bedeuten: Wenn im Zuge einer Umweltrisikoprüfung von Gene Drive Organismen festgestellt wird, dass eine Rückholbarkeit nicht gewährleistet ist, sollte dies als Ausschlusskriterium für eine Zulassung gelten. Die Risikoprüfung sollte dann abgebrochen und jegliche Freisetzung des Gene Drive Organismus untersagt werden.

 

Weiterführende Informationen hier: